Scheidung: Verfahrenskostenhilfe und Prozesskostenhilfe

Die drohenden Kosten sollten niemanden von einem Scheidungsantrag abhalten, denn ein Antrag auf Verfahrenskostenhilfe kann hier Abhilfe schaffen. Wir erklären Ihnen, wie Sie einen solchen Antrag stellen und unter welchen Bedingungen er bewilligt wird.

Begriff der Verfahrenskostenhilfe

Die Verfahrenskostenhilfe ist eine finanzielle Unterstützung durch den Staat und wird ausgezahlt, wenn die eigenen finanziellen Mittel für einen Gerichtsprozess nicht ausreichen. Bis 2009 wurde der Begriff der Prozesskostenhilfe verwendet, seitdem wird im Scheidungsverfahren aber von der Verfahrenskostenhilfe gesprochen.

Im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe werden die kompletten Gerichts- und Verfahrenskosten erlassen und von staatlicher Seite übernommen. Für die entstehenden Anwaltskosten kann die Zahlung von monatlichen Raten vereinbart werden.

Die genaue Höhe der Zahlungen hängt dabei von den Gerichts- und Anwaltskosten im jeweiligen Fall ab. Wie hoch diese bei einer Scheidung ausfallen, zeigen wir Ihnen hier.

Beantragung der Verfahrenskostenhilfe

Der Antrag auf Verfahrenskostenhilfe wird bei dem Gericht eingereicht, bei dem auch das Scheidungsverfahren anhängig ist. Gemeinsam mit dem Antrag müssen bestimmte Nachweise über Einkünfte und Ausgaben eingereicht werden, z.B. Lohn- und Versicherungsnachweise oder Bescheide über den Empfang von Arbeitslosengeld. Durch diesen bürokratischen Prozess verlängert sich die Verfahrensdauer bei der Beantragung von Verfahrenskostenhilfe um ein bis drei Monate.

Der Antrag kann entweder gemeinsam mit dem Scheidungsantrag oder auch im Nachhinein übermittelt werden.

Voraussetzungen der Verfahrenskostenhilfe

Zur Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe müssen die Scheidungsvoraussetzungen erfüllt sein, d.h. das Scheidungsverfahren muss Aussicht auf einen erfolgreichen Abschluss haben. Außerdem muss der Antragsteller seine finanzielle Bedürftigkeit nachweisen.

Die Ermittlung des einzusetzenden Einkommens

Das einzusetzende Einkommen berücksichtigt die Einkünfte des Antragstellers sowie bestimmte Zahlungsverpflichtungen und Freibeträge.

Monatliches Nettoeinkommen

Zur Bestimmung des einzusetzenden Einkommens wird zunächst das monatliche Nettoeinkommen zugrunde gelegt. Dazu zählen u.a. auch Sozialleistungen, Unterhaltszahlungen oder Kindergeld. Im Hinblick auf Unterhaltsansprüche vom Ehepartner wird sogar berücksichtigt, wenn Unterhalt vom Partner verlangt werden könnte, hierauf aber verzichtet wurde.

Bei schwankenden Einkünften wird eine Summe aus den zurückliegenden zwölf Monaten gebildet und durch 12 geteilt, um einen durchschnittlichen Wert für einen Monat zugrunde legen zu können.

Zweckgebundene Leistungen (z.B. Pflegegeld) zählen hingegen nicht zum einzusetzenden Einkommen.

Laufende Kosten

Anschließend werden sämtliche laufenden Kosten (z.B. etwa Mietzahlungen, Versicherungsbeträge oder steuerrechtlich als Werbungskosten einzustufende Ausgaben) vom ermittelten Einkommen abgezogen.

Freibeträge

Durch die Berücksichtigung von Freibeträgen wird gewährleistet, dass den Ehepartnern auch nach der Scheidung in jedem Fall ein Teil ihres Einkommens erhalten bleibt.

Freibeträge werden etwa anerkannt

  • für die persönlichen Bedürfnisse des Antragstellers (491 €)
  • die eigene Berufstätigkeit (223 €)
  • Unterhaltszahlungen (in Abhängigkeit vom Unterhaltsgrund, also etwa dem Alter des Kindes)

Vermögenswerte

Ferner darf für die Verfahrenskostenhilfe kein nennenswertes Vermögen vorhanden sein. Allerdings ist nicht grundsätzlich jedes Vermögen dafür schädlich – Werte bis 2.000 € spielen keine Rolle. Gleiches gilt für selbstbewohnte Immobilien, Vermögen im Rahmen der Altersvorsorge sowie Vermögen, das unerlässlich für die Berufsausübung ist.

Allerdings verlangen die Gerichte, dass Lebensversicherungen vor Beantragung der Verfahrenskostenhilfe aufgelöst und vermietete Immobilien belastet werden.

Wie aufgezeigt hängt die Ermittlung des einzusetzenden Einkommens von folgenden Faktoren ab:

  1. Bestimmung der monatlichen Einkünfte
  2. Abzug regelmäßiger Ausgaben
  3. Berücksichtigung von Freibeträgen
  4. Persönliche Vermögenswerte

Ergibt sich so aufsummiert ein Einkommen von monatlich weniger als 15 €, wird Verfahrenskostenhilfe ohne Verpflichtung zur Rückzahlung bewilligt. Bei höheren einzusetzenden Einkommen gilt die Verfahrenskostenhilfe faktisch als zinsloses Darlehen und muss komplett oder zumindest in Teilen in monatlichen Raten zurückgezahlt werden. Die Gerichtskosten werden aber in jedem Fall übernommen. Die Ratenzahlung bezieht sich insofern allenfalls auf die Anwaltskosten.

Die Höhe der Raten richtet sich nach dem einzusetzenden Einkommen.

Rechenbeispiel: Ein Ehepaar mit zwei unterhaltsberechtigten Kindern (8 und 12 Jahre) möchte sich scheiden lassen. Der Mann bezieht ein Nettoeinkommen von 2.000 € pro Monat, die Frau hat monatliche Einkünfte von 1.500 €. Seit der Trennung zahlt die Frau eine monatliche Miete von 600 € und ihr Mann von 650 €. Die beiden Kinder leben bei der Mutter, sie bezieht für jedes Kind 219 € Kindergeld. Persönliche Vermögenswerte existieren nicht.

Beispielhaft wird der Anspruch der Ehefrau auf Verfahrenskostenhilfe wie folgt ermittelt:

Nettoeinkommen = 1.500 €
+ 2x Kindergeld (je 219 €) = 438 €
Einkünfte gesamt = 1.938 €

Laufende Ausgaben
– Mietkosten = 600 €
Gesamt = 1.338 €

Freibeträge
– Einkommensfreibetrag = 491 €
– Freibetrag Erwerbstätigkeit = 223 €
– Freibeträge Kinder (je 340€) = 680 €

Gesamt = – 56 €

Ein Antrag auf Verfahrenskostenhilfe würde also bewilligt und die finanzielle Unterstützung ohne Pflicht zur Rückzahlung zugesprochen.

Einfluss der Rechtsschutzversicherung

Unter Umständen übernimmt eine Rechtsschutzversicherung die Kosten des Scheidungsverfahrens. In den meisten Fällen sind Scheidungen in den Versicherungsbedingungen aber ausgenommen.

Sollte die Versicherung aber für die Kosten des Verfahrens aufkommen, wird keine Verfahrenskostenhilfe bewilligt. Dies gilt aber nur, wenn die Deckungszusage der Versicherung tatsächlich sämtliche Verfahrenskosten umfasst und keine Selbstbeteiligung vorgesehen ist. Eine zu niedrige Deckung durch die Versicherung oder eine erforderliche Selbstbeteiligung schließt die Option der Verfahrenskostenhilfe nicht aus.

Beratungshilfe

Neben der Inanspruchnahme der Verfahrenskostenhilfe kann gleichfalls auf die sog. Beratungshilfe zurückgegriffen werden. Diese soll kostengünstig eine erste Rechtsberatung im Scheidungsverfahren bieten.

Die Voraussetzungen entsprechen dabei denjenigen der Verfahrenskostenhilfe. Nach einem erfolgreichen Antrag wird ein sog. Beratungsschein ausgestellt, mit dem ein Anwalt aufgesucht werden kann. Anwälte dürfen höchstens 15 € für die Beratungshilfe in Rechnung stellen.

Formulare für einen entsprechenden Antrag auf Beratungshilfe finden Sie online.

Verfahrenskostenvorschuss

Vom Antrag auf Verfahrenskostenhilfe zu unterscheiden ist der Verfahrenskostenvorschuss. Dieser umfasst einen Anspruch gegen den anderen Ehepartner auf einen Vorschuss der Verfahrenskosten und ist eine Unterhaltsleistung. Daraus folgt, dass ein Ehegatte mit niedrigem Einkommen nicht mehr als bedürftig gilt. Ein Antrag auf Verfahrenskostenhilfe würde deswegen vom Gericht zurückgewiesen.

Vor dem Antrag auf Verfahrenskostenhilfe muss sogar nachgewiesen werden, dass keine Forderungen oder Ansprüche auf Verfahrenskostenvorschuss gestellt werden können.

Wichtig: Der Verfahrenskostenvorschuss stellt kein Darlehen des Ehepartners dar. Vielmehr handelt es sich um eine Art Übernahmeverpflichtung des Partners für die aufkommenden Gerichts- und Anwaltskosten. Voraussetzung ist gleichwohl die Bedürftigkeit des Antragstellers sowie die finanzielle Leistungsfähigkeit des Ehegatten. Als Ausdruck des Solidaritätsgedankens wird dann primär der Ehepartner für die finanzielle Unterstützung herangezogen, ehe der Rückgriff auf staatliche Unterstützungsleistungen erfolgt.